GIPA – Greater Involvement of People living with or affected by HIV/AIDS

„GIPA“ ist ein von UNAIDS anerkanntes Grundprinzip der Beteiligung von Menschen mit HIV und AIDS an der gesellschaftlichen und politischen Reaktion auf HIV. GIPA als Begriff ist in Deutschland wenig bekannt. Daher stelle ich GIPA in diesem Blog vor und habe dafür den Eingangstext zu GIPA bei UNAIDS ins deutsche übersetzt:

Menschen, die mit einer HIV-Infektion leben können sich untereinander in ihren Lebenssituationen besser verstehen als andere und sind oft am besten geeignet, andere zu beraten und ihre Anliegen in Entscheidungsgremien und Strategieplanungen einzubringen.

Die Idee, dass die persönlichen Erfahrungen von Menschen mit HIV genutzt werden sollen und genutzt werden können, um eine Antwort auf die HIV-Epidemie zu gestalten, wurde zum ersten Mal 1983 bei einer nationalen AIDS-Konferenz in den USA geäussert. Als Prinzip wurde dieser Ansatz auf dem Paris AIDS Summit 1994 formal angenommen, als 42 Länder „Greater Involvement of People Living with HIV and AIDS (GIPA)“ zum Kriterium erklärten für die Planung nationaler ethischer und effektiver Antworten auf die Epidemie.

Heute sind die GIPA-Prinzipien das Rückgrat vieler weltweiter Handlungsprogramme. Menschen, die mit HIV leben oder von HIV betroffen sind, werden bei einer Vielzahl von Aktivitäten auf allen Gebieten im Kampf gegen AIDS beteiligt. Beispielsweise erscheinen sie auf Postern mit ihren persönlichen Aussagen und Botschaften, sie unterstützen und beraten andere HIV-Positive, und sie sind an Entscheidungen und Strategieplanungen beteiligt.

Das Engagement von Menschen mit HIV ist besonders wichtig, wenn Länder ihre nationalen AIDS-Kampagnen weiterentwickeln um die Ziele des globalen Zugangs zu Prävention, Behandlung, Versorgungs- und Beratungsdiensten zu erreichen.

UNAIDS GIPA Policy Position

Keine einzelne Agentur kann das ganze Spektrum der Anliegen von Menschen mit HIV abdecken: Partnerschaften und Koperationen zwischen den Akteuren sind daher erforderlich. Um die aktive Beteiligung von Menschen mit HIV zu ermöglichen, fordert UNAIDS alle Akteure auf, sicherzustellen, daß Menschen mit HIV den Raum und die politische Unterstützung für eine umfassende und bedeutungsvolle Beteiligung erhalten.

Regierungen, internationale Agenturen und Zivilgesellschaften müssen

  • Minimalziele benennen, einführen und überwachen für die Beteiligung von Menschen mit HIV, einschliesslich Frauen, jungen Menschen und Minderheiten, in Entscheidungsgremien. Die Auswahlprozesse sollten umfassend, transparent und demokratisch sein.
  • Menschen mit HIV von Anfang an einbeziehen in die Entwicklung der Ausgabenprioritäten und in die Auswahl, Gestaltung, Einführung, Kontrolle und Auswertung von HIV-Programmen.

Eine ausführlichere Darstellung von GIPA gibt es bei UNAIDS in englischer, französischer und spanischer Version.

LHIVE, die Selbsthilfe-Organisation der Menschen mit HIV und AIDS in der Schweiz, nimmt in ihrer „LHIVE Charta“ bezug auf GIPA. Auch bei der Gestaltung der Präventionskampagne der DAH für Männer, die Sex mit MÄnnern haben, „Ich weiss was ich tu„, sehe ich GIPA angewendet.

Die GIPA-Prinzipien müssen in Deutschland stärker und besondes in der aktuellen Debatte um Infektiosität unter wirksamer Therapie, Entstigmatisierung, und Erwerbstätigkeit in Erinnerung gerufen werden.

Daher erneuere ich an dieser Stelle meine Forderung, das gesellschaftliche Bild von HIV zu korrigieren, insbesondere der noch weit verbreiteten Vorstellung, Menschen mit HIV seien „Todgeweihte“, entschieden mit Aufklärung entgegenzuwirken und HIV-Prävention dahin zu überprüfen und sicherzustellen, dass von Prävention keine Diskriminierung von Menschen mit HIV ausgeht.

Das verkrampfte reanimieren-wollen und Festhalten am Bild des „Schrecken vor AIDS“ , wie immer wieder noch aus den Reihen des Bundesgesundheitsministeriums zu hören, verstößt gegen die GIPA-Prinzipien, weil es der Diskriminierung und Stigmatisierung Vorschub leistet.

4 Responses to GIPA – Greater Involvement of People living with or affected by HIV/AIDS

  1. alivenkickn sagt:

    @ hallo termabox

    Hossa – kommt mir spontan beim durchlesen dieses Textes in den Sinn – Hossa das setzt aber einiges an den unterschiedlichsten Stellen voraus.

    1. Wertschätzung von HIV Positiven – von Betroffenen seitens der politisch Verantwortlichen – insbesondere der „Primärpräventionisten“. Solange wir die wir den Virus in uns tragen bzw mit ihm zusammenleben – wir Du es anführst mit dem „Schreckenslabel“ gebrandmarkt sind und werden ist da wenig von Wertschätzung als Mensch zu sehen. Eher schon als Mensch von dem eine Gefahr ausgeht. „Gefahren soll man ja vermeiden – aus dem Weg gehen oder von Anderen ferngehalten werden“. Solange dieses Denken in den Köpfen der Verantwortlichen gegenwärtig ist wird kaum eine Annäherung – Einbeziehung stattfinden. Insofern findet eine Auseinandersetzung immer zuerst auf der pers Ebene statt. Beim verantwortlichen Politiker, Beamten etc auf der einen Seite wie auch bei jedem Einzelnen Positiven. Solange man nicht selbst wahrnimmt welcher Mechanismen – Denkmuster man sich bedient wird Veränderung schwerlich stattfinden.

    2. Da ich durch die Selbsthlfe heute der geworden bin der ich bin hat sich mir ein Satz ganz tief eingebrannt den man für „Selbsthilfe“ schlechthin als Basis verwendet kann.

    Wir sollen nicht auf das schauen was uns voneinandner unterscheidet sondern auf das was uns gemeinsam verbindet.
    Stellen wir immer das in der Vordergrund und beharren auf das was uns – dein Einzelnen vom Anderen unterscheidet dann ist eine Zersplitterung – Trennung die unausweichliche Folge. Das wir uns in unserer Persönlichkeit voneinander unterscheiden, das jeder seine eigene Vita hat und andere – eigene Erfahrungen gemacht hat, das jeder Mensch einzigartig ist steht außer Frage.

    Was uns – unabängig von der sexuellen Ausrichtung, Religionszugehörigkeit, Hautfarbe, Herkunft etc – jedoch gemeinsam verbindet ist der HIV Virus. Dies ist die gemeinsame Basis die uns – alle HIV Positiven verbindet. Und aus dieser Basis heraus – dem Infiziert sein mit dem HIVIrus – ergeben sich Notwendigkeiten und Handlungsbedarf dessen Umsetzung „eher möglich ist“ wird wenn wir alle an einem Strang ziehen.

    Diversity within Unity – Vielfalt in der Einheit

  2. termabox sagt:

    @ alivenkickn:

    …und was uns – unabhängig von „mit oder ohne HIV“ gemeinsam verbindet, ist das leben in Gesellschaften, in Deutschland, Europa und der Welt.

    GIPA formuliert Prinzipien, die eben nicht nur bei HIV eine Berechtigung haben.

    Glücklicherweise hat jeder Mensch – sogar beiderlei Geschlechts – eine Nase und einen Arsch. An die eine kann man sich packen und den anderen kann man in Bewegung setzen 😉

  3. Dennis sagt:

    manchmal frag ich mich schon ob ich schinesisch sprech.

    mit „selbsthilfe“ in klammern gesetzt meinte ich das alle beteiligten (unabhängig der unterschiedlichkeit) eine gemeinsamkeit – ziel (basis) vor augen haben und an einem strang ziehen.

    selbsthilfe ist also nichts hiv spezifisches sondern funktioniert nach bestimmten allgemeingültigen prinzipien für u.a. hiv, aa, na, krebs, katastrophen etc.

    was das an die nase packen und den arsch bewegen betrifft . . . nun wenn die GIPA prinzipien hier bei uns funktionieren würden – denn darauf hast du dich ja auch oder gerade bezogen –

    „Das verkrampfte reanimieren-wollen und Festhalten am Bild des “Schrecken vor AIDS” , wie immer wieder noch aus den Reihen des Bundesgesundheitsministeriums zu hören, verstößt gegen die GIPA-Prinzipien, weil es der Diskriminierung und Stigmatisierung Vorschub leistet.“

    dann hättste ja den artikel nicht geschrieben, gell.

  4. termabox sagt:

    @Dennis:

    da ist mir doch glatt die Ruhe für ein genaues Lesen flöten gegangen. Sorry!

    Je mehr ich durch das Recherchieren für das Bloggen im Internet stöbere, desto häufiger sehe ich, dass vieles schon gesagt und gedacht und angeregt wurde – und von mir bisher nicht wahrgenommen oder auch nicht entsprechend beachtet wurde, wie z.B. GIPA, Pariser Deklaration, und und und…

    Ich finde es wunderbar, hier mit Dir und anderen Bloggern zusammen in einem think-tank zu leben, wo jeder was beisteuert und wir alle gemeinsam fitter werden.

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